Mehrheit der Bad Vilbeler CDU, SPD und Grüne gegen klimaneutrale Treibstoffe!

FDP lässt nicht locker und erinnert die heimischen Parteien an ihre Parteifreunde in Baden-Württemberg

Städtischer Fuhrpark verursacht über 360 t CO2 im Jahr

Andere Kommunen kommen Ihrer Verantwortung nach, warum nicht Bad Vilbel? Hessol und Hassia auch interessiert!

Julia Russmann & Anja Nina Kramer

Mehrmals hatte die FDP die Stadt Bad Vilbel in diesem Jahr um Auskunft gebeten, wie viel Liter Diesel der städtische Fuhrpark pro Jahr verbraucht. Im Rahmen des von der FDP in den Planungs-, Bau- und Umweltausschuss der Stadtverordnetenversammlung Bad Vilbel eingereichten Antrages über die Verwendung von klimafreundlichen synthetischen Dieselkraftstoffes HVO nach EN15940 im Städtischen Fuhrpark, nannte Erster Stadtrat Sebastian Wysocki jetzt den Dieselverbrauch von 137.000 Liter pro Jahr. Die Verbrennung eines Liters fossilen Diesels verursacht 2,64 kg CO2. Insgesamt sprechen wir hier also von über 360 Tonnen CO2, die der Fuhrpark der Stadt im Dienst für seine Bürgerinnen und Bürger emittiert.

„Man könnte diese 360 Tonnen CO2 um etwa 90% reduzieren, in dem man den Kraftstoff austauscht: fossilen Diesel gegen synthetischen klimaneutralen Diesel. Den gibt es ebenso wie technische Freigaben von allen namhaften Nutzfahrzeugherstellern und weitere Vorteile: weniger Partikelemissionen und NOx, ruhigerer Motorlauf und somit weniger Lärm. Seit August 2021 gibt es eine Ausnahmegenehmigung (*siehe Quelle #1) für städtische Fuhrparks, die aufgefordert sind, mehr Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und die Vorbildfunktion zu erfüllen,“ so die stellvertretende Vorsitzende der FDP Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung Julia Russmann bei der nunmehr erweiterten Begründung.

SPD, CDU und AfD haben den Antrag der FDP den klimafreundlichen Diesel zu verwenden im Ausschuss abgelehnt. Die „Grüne“ Partei hat sich der Stimmabgabe enthalten.

„Offensichtlich haben es ausgerechnet in Deutschland technische Innovationen für den Klimaschutz schwer. Abwarten, aussitzen, blockieren – es werden keine Impulse gesetzt. Ja, den Kraftstoff gibt es (noch) nicht in Bad Vilbel. Es wäre daher ein wichtiges Zeichen gewesen, sich zu synthetischen Kraftstoffen zu bekennen, denn 137.000 Liter könnten einen Kraftstoffversorger doch dazu motivieren, den HVO zu liefern. Auf Anfrage der FDP bei den örtlichen ARAL- und Hessol-Tankstellen kam die Antwort, dass sowohl am Standort Bad Vilbel, als auch in Massenheim jeweils ein 30.000 Liter Tank für klimaneutrale Kraftstoffe bereit gehalten werden, die bei entsprechendem Bedarf zur Verfügung stehen. Aber erst wenn es erste Abnehmer gibt, kommt dieser auch an die Tankstellen – hoffentlich bald für alle. Das Henne-Ei-Problem. Jetzt wurde die Chance verpasst, ein wirksames Mittel für den Klimaschutz einzusetzen,“ so die FDP Parlamentarierin weiter. „Wir lassen nicht locker!“, so Russmann im Parlament, zumal auch der ortsansässige Mineralbrunnenbetrieb Hassia den Einsatz von klimaneutralen Kraftstoffen als Option für ihren LKW-Fuhrpark prüft.

Dass die den Klimawandel leugnende AfD wenig Interesse zeigte, verwundert nicht. Ebenso wenig überrascht die Haltung der Sozialdemokraten, ist doch die bisherige Verhinderung der Markteinführung von regenerativen Kraftstoffen nach EN15940 der ehemaligen Umweltministerin Svenja Schulze und ihrem Staatssekretär Jochen Flasbarth anzulasten. Die CDU hätte eigentlich aus dem Bundeswahlergebnis lernen müssen, dass sie innovativer und moderner werden muss – „weiter so“ wurde abgewählt. Dabei hat die CDU kompetente Leute in ihren Reihen, wie den Wasserstoffexperten MdB a.D. Dr. Stefan Kaufmann aus Stuttgart, der nicht müde wird für wasserstoffbasierte und regenerative Kraftstoffe zu werben: „Viele Experten sehen in E-Fuels einen wichtigen Baustein für das Gelingen der Energiewende. Denn es gilt die Daumenregel: Je schwerer das Transportmittel, je stärker der Antriebsmotor, desto schwieriger ist dieser zu elektrifizieren. Als Folgeprodukt von grünem Wasserstoff können die sogenannten E-Fuels Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit miteinander verbinden. E-Fuels und regenerative Kraftstoffe haben das hohe Potenzial, zum Beispiel den Schwerlastverkehr klimafreundlich zu gestalten.“ (*siehe Quelle #2). Das würde auch vielen ortsansässigen Betrieben helfen, Ihre Klimabilanz zu verbessern, erinnert die FDP an die kommunale Verantwortung.

Und besonders enttäuschen die Grünen, die weiter billigen, dass die 360 Tonnen CO2 aus fossilem Dieselkraftstoff die Treibhausgasbilanz der Stadt Bad Vilbel belasten. Das vorgebrachte Argument von Sabrina Eberlein (Grüne), dass Palmöl verwendet wird, kann wiederlegt werden: C.A.R.E Diesel von Neste ist frei von Palmöl (*siehe Quelle #3). Dabei gibt es auch aus den Reihen der Grünen Befürworter für regenerative Kraftstoffe, wie den Verkehrsminister von Baden-Württemberg Winfried Hermann, der den Verkauf von HVO Diesel EN15940 im „Ländle“ duldet und so auch Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, Ihre Diesel-PKW weitgehend klimaneutral zu betanken (*siehe Quelle #4)

„Wir müssen über synthetische Kraftstoffe reden und über deren Potenzial für den Klimaschutz aufklären“, kommentiert Diplom-Ingenieur für Fahrzeugtechnik Andreas Bauditz, der in Bad Vilbel aufgewachsen ist und seine FDP Freunde in der Brunnenstadt berät, die Ablehnung des Antrages. „Eines ist ganz sicher: ohne eine schnelle Einführung von synthetischen Kraftstoffen ist das CO2 Restbudget für das 1,5 °C Ziel schon Mitte dieses Jahrzehnts aufgebraucht, da der Hebel der Bestandsfahrzeuge mit Verbrennungsmotor auch in den nächsten Jahren dominiert, das können neue E-Fahrzeuge nicht kompensieren, die zudem auch wegen dem Strommix nicht 100% klimaneutral fahren“.

Außerdem werden z.B. schwere LKW, Sonderfahrzeuge für die Feuerwehr, Baumaschinen und Traktoren erst einmal kaum ohne Verbrennungsmotor auskommen. Elektrifizierung und klimaneutrale Kraftstoffe. Gemeinsam und nicht gegeneinander alle Hebel nutzen.

„Die 360 Tonnen CO2 des städtischen Fuhrparks der Stadt Bad Vilbel sind ein Teil dieses Hebels, dazu kommen die Fahrzeuge von lokalen Betrieben und die der Bürgerinnen und Bürger. Ich werde an diesem Thema dran bleiben. Andere Städte machen es uns vor,“ fügt Bürgermeister-Kandidatin Anja Nina Kramer (FDP) hinzu.

Anhang und Quellen:

Quelle #1: Am 15. Juni 2021 trat das Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz vom 9. Juni 2021 (SaubFahrzeugBeschG) zur Umsetzung der EU-Richtlinie (EU) 2019/1161 über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge (Clean Vehicles Directive) in Kraft. Das Gesetz setzt hierbei 1: 1 die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/1161 um. Mit diesem Gesetz werden bei der öffentlichen Auftragsvergabe erstmals verbindliche Mindestziele für die Beschaffung von emissionsarmen und -freien Pkw sowie leichten und schweren Nutzfahrzeugen vorgegeben. Die neuen Vorgaben gelten seit dem 2. August 2021 und ermöglichen die Verwendung von Kraftsoffen nach EN15940.

https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/clean-vehicles-directive-faq.html

Quelle #2: Dr. Stefan Kaufmann (CDU): „Grüner Wasserstoff ist ein Schlüssel für regenerative Kraftstoffe“

https://www.fuerslaendleinberlin.de/2021/03/26/grüner-wasserstoff-ist-ein-schlüssel-für-regenerative-kraftstoffe/

Quelle #3: C.A.R.E. Diesel® seit 1. Januar 2019 frei von Palmöl!

 

Quelle #4: Verkehrsminister (BW) Winfried Hermann (Grüne): „Wir brauchen dringend reFuels für die Verkehrswende“

https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/verkehrsminister-hermann-wir-brauchen-dringend-refuels-fuer-die-verkehrswende-2/