Beobachtungen auf dem Niddaplatz
Wahlkampf unter Corona-Bedingungen
Zugegeben: Einen aktivierenden Wahlkampf unter den Bedingungen der Pandemie und des seit drei Monaten verordneten Shutdowns zu führen, ist eine Herausforderung für die Parteien. Ihr grundgesetzlicher Auftrag ist es nämlich, an der Meinungs- und Willensbildung der Bevölkerung mitzuwirken, damit das Hochamt der Demokratie, nämlich das Wahlrecht, qualifiziert wahrgenommen werden kann. Das ist die eine Seite des Auftrags. Dem folgen auch die von dem dafür zuständigen Land getroffenen Regelungen. Die Kommunalwahl in Hessen findet am 14. März in den Wahllokalen, aber auch in der Form der Briefwahl durch die Wählerinnen und Wähler statt. Aber auch die traditionellen Formen des Wahlkampfs inklusive der Wahlinformationsstände der Parteien unter freiem Himmel auf beliiebten Plätzen und an an üblicherweise häufig frequentierten Orten sind weder verboten noch eingeschränkt. Doch gleichzeitig gelten die Vorschriften, die Hygiene- und Abstandsregelungen zur Eindämmung des Sars-Cov-2-Virus in welcher Mutation auch immer.
Im Ältestenrat des Bad Vilbeler Stadtparlaments, in dem die im Parlament vertretenen Fraktionen repräsentiert sind, wurde auf Initiative der SPD einmütig die Absprache getroffen, keine Wahlinfostände in Bad Vilbel als Treffpunkte für interessierte Bürger, als Diskussionsorte der politischen Leistungen und programmatischen Vorhaben für die nächste Wahlperiode, als Ausgabestellen für kleine Wahlgeschenke aufzustellen. Der Sinn dieser Abmachung war, unter den Bedingungen der Pandemie nicht zusätzlich zu den Risiken weiterer Neuinfektionen beizutragen. Die Parteien waren sich einig, damit die angebrachte Verantwortung für die Bevölkerung zu demonstrieren, die seit inzwischen schon einem ganzen Jahr zum Teil erheblichen Beeinträchtigungen und Einschnitten in ihrem Leben, in der Schule, im Beruf, ihrem Arbeitsplatz, ihren Geschäften, Lokalen und Läden ausgesetzt sind. Bei dieser Absprache im Ältestenrat handelt es sich somit eigentlich um eine Selbstverständlichkeit.
Doch das gilt offensichtlich nicht für alle Parteien. Die auch im Ältestenrat vertretenen Grünen braten in der Realität der Wahlinfostände eine Extrawurst, indem sie mit großem Gefolge auf dem Niddaplatz auftreten, um ihr zahlreiches Parteimaerial zu verteilen und ihre Kandidat/innen den wenig interessierten Passanten nahezubringen. Sie setzen damit ihre so beanspruchte exklusive Sonderrolle fort, die sie schon bei den Parlamentssitzungen geltend machten, indem sie mit vollzähliger Fraktion teilnahmen, obwohl man sich quer durch die Fraktionen zur Reduzierung der Infektionsgefahr im geschlossenen Raum auf eine Begrenzung der Stadtverordnetenzahl auf 25 statt 45 geeinigt hatte. Man wird sich das merken müssen.
Als exklusiver noch ist das Auftreten der Rechtsparteien zu bewerten. Am Donnerstag dokumentierte als einzige Partei die NPD ihre Missachtung der Coronakrise und machte aktiv Werbung für sich bei den wenigen Passanten. Diese waren zwar am Samstag um einiges zahlreicher, doch ließ die erwünschte Resonanz bei der zahlreich anwesenden AfD mit extra aufgestelltem Pavillon nach allgemeiner Beobachtung doch sehr zu wünschen übrig. Es wurde nicht nur versucht, die Materialien zur Virusverleugnung an die Frau und den Mann zu bringen, was nur als subotimal gelungen zu bezeichnen ist. Aber auch Verweigerer von Masken unter den AfD-Aktivisten zu beobachten, rief sogar die Polizei auf den Platz. Dass die potenzielle Verachtung der Gesundheit der Mitbürger bei der AfD so weit geht, ist bezeichnend und unterstreicht die Selbstpositionierung dieser Partei am Rand der Gesellschaft. Das sollten die Wähler/innen in Bad Vilbel im Gedächtnis behalten.
An die vereinbarte Absprache halten sich die CDU, die SPD und die FDP. Sie haben den Wahlkampf mit eher mäßigem Erfolg in das Internet verlagert und arbeiten dem Vernehmen nach weiterhin intensiv an der Meinungs- und Willensbildung der Bad Vilbeler Wähler.