Weiterer Schritt der Niddarenaturierung zwischen Kurhaus bis Kasseler Str.
Ein weiteres Stück der Nidda erfährt in den kommenden Monaten eine deutliche Aufwertung. So wird der Fluss zwischen dem Kurhaus und der Brücke der Kasseler Straße renaturiert. „Ich freue mich über diese Maßnahme, die die Stadt Bad Vilbel gemeinsam mit der Gerty-Strohm-Stiftung im Zuge ihrer Bemühungen zur Renaturierung des Flusses anstellt. Durch den Bau der Neuen Mitte und der Mediatheksbrücke ist jetzt der ideale Zeitpunkt, auch die Nidda in der Innenstadt auf einem Teilstück zu renaturieren. Wir machen damit mitten in der Innenstadt unseren Fluss wieder zugänglich für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt, werten ihn aber gleichzeitig ökologisch enorm auf“, freut sich Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr.
Bereits in dieser Woche haben die Vorarbeiten unter der Mediatheksbrücke durch die in Renaturierungen sehr erfahrene Firma Emil Raabe GmbH begonnen. Auf einer Länge von etwa 150-200 Metern wird die Nidda am in Fließrichtung rechten Uferrand, der Kurhausseite, renaturiert. Nach Angaben des hiesigen Gewässerökologen Gottfried Lehr, der das Projekt mit seinem Büro geplant hat und auch betreuen wird und der sich schon bei anderen Renaturierungen in und um die Quellenstadt einen Namen gemacht hat, wird zunächst die steinerne Uferbefestigung komplett entfernt werden. Zusätzlich verbreitet sich die Nidda, es werden Buchten und kleine Kurven angelegt bzw. entstehen. Das alte Niddaufer wird dann an zwei Stellen als kleine Insel dienen. Im Bereich der Mediatheksbrücke soll zudem ein „bewegtes Wasser“ entstehen, das den Fluss aufgrund der Steinstruktur mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt. Auf der linken Flussuferseite werden Buhnen geschaffen, die als Strömungslenker fungieren und das Wasser in Richtung der beiden Schleifen führen werden. Wenn die Witterung es zulässt, sollen die Maßnahmen bis Mitte/Ende November vollzogen sein.
„Wir machen mit flachen Ufern den Fluss zugänglich für die Menschen und binden ihn als prägendes Element in den angrenzenden Kurpark mit ein, der dadurch eine erhebliche Aufwertung erfahren wird. Gemeinsam mit der Mediatheksbrücke entsteht somit eine einmalig schöne Konstellation, die es so bisher nur am Arno in Florenz gibt“, schwärmt Dr. Thomas Stöhr. „Aber auch umweltpädagogisch kann sich dieses Projekt sehen lassen. Wo sonst können Erwachsene und Kinder in einer Innenstadt so nah an ein renaturiertes Fließgewässer, um kleine Fische, Libellen und Frösche zu entdecken und zu beobachten? Diese werden sich im Laufe der Zeit definitiv dort ansiedeln.“
Das Ziel dieser Renaturierungsmaßnahme, die von der Gerty-Strohm-Stiftung finanziert und getragen wird und die in dieser Form der Finanzierung in ganz Hessen wohl einzigartig sein dürfte, ist die ökologische Verbesserung der Nidda. Die Maßnahme wird von der Stadt unterstützt und von Umweltbehörden als auch der Oberen Wasserbehörde begrüßt. Durch Anschnitt von Altsedimenten und den Anschluss des Flusses an das alte, ursprüngliche Nidda-Bett wird die Nidda sich in diesem Abschnitt wieder zu einem natürlichen Fluss entwickeln. Vergleichbar ist diese Baumaßnahme mit der Nidda in Niddatal-Assenheim oder dem Erlenbach in Massenheim.
„Wir wollen möglichst viele Bäume an ihrer jetzigen Stelle behalten, es ist aber ganz deutlich zu sagen, dass wir in den nächsten 8 Wochen dort eine Baustelle haben werden und das auch ein Teil von Flora und vorübergehend auch Fauna im Zuge Bauarbeiten mit schwerem Gerät der Renaturierung weichen müssen, so wie es auch bei anderen Renaturierungen in Bad Vilbel zuvor schon geschehen ist. Aber wie an diesen Beispielen festzustellen ist, wird sich nach Beendigung der Bauarbeiten die Flora und Fauna an der Nidda artenreicher als zuvor präsentieren, braucht dafür natürlich ihre Zeit“, schildert Lehr.
Durch die Verbreitung der Nidda und die Zurücksetzung des Ufers wird auch der alte Radweg durch einen neuen Weg am dann neuen Ufer ersetzt werden. Daher kommt es bis voraussichtlich Ende Dezember zu einer vorübergehenden Sperrung dessen, eine Umleitung ist mit Beschilderung aber bereits eingerichtet. Mehr als 5.000 Kubikmeter Erde werden für diese Renaturierungsmaßnahme bewegt. Ein Flachufer wird aufgrund der wieder gewonnenen Eigendynamik der Nidda entstehen. Das bedeutet auch eine Verbesserung des Hochwasserschutzes. Libelle, Frösche und kleine Fischer werden von der Maßnahme profitieren, aber auch den Mückenbestand als natürliche Fressfeinde dezimieren. Die Fauna wird mit Igelkolben, Schwerlilien und anderen Arten deutlich vielfältiger.
„Ich bin sehr froh, dass nun eines der Niddarenaturierungsprojekte in der Innenstadt gestartet werden konnte“, meinte Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr im Gespräch mit Gottfried Lehr. „Ich habe mich persönlich für dieses wertvolle ökologische Projekt in den vergangenen Jahren sehr eingesetzt. Dass nun die Umsetzung so zeitnah und mit den Mitteln einer Stiftung unter dem Vorsitz von Herrn Dr. Jehner gelungen ist, freut mich sehr. Es entsteht ein weiteres einzigartiges Biotop mitten in unserer Stadt, erfahrbar für alle Bürger und auch den Besuchern, die in der Stadt und dann auch der Neuen Mitte unterwegs sind“, Und Lehr ist sich sicher, dass „diese zukünftige, nicht mehr kanalisierte Flusslandschaft für Flora, Fauna, aber auch für Erholungssuchende und Radfahrer ein wunderbares Erlebnis werden wird.“
3 Fragen – 3 Antworten an Gottried Lehr:
Wird der Hochwasserschutz beeinträchtigt? Der Hochwasserschutz ist genauso gut wie vorher. Eine hundertprozentige Sicherheit kann und wird es aber nie geben, wenn man Gebäude in Flussauen bzw. Überflutungsgebiete baut.
Es kursiert das Gerücht, mehr Stechmücken würden sich dann im Fluss ansiedeln? Generell ist zu sagen, dass die meisten Schnaken in stehenden Gewässern wie zum Beispiel Regentonnen beste Brutmöglichkeiten finden. Mit der Renaturierung wird sich eine sogenannte „Feindfauna“ ansiedeln, die in Form von Libellen, Fischen und Fröschen die Mücken eher noch dezimieren werden. Aber ein Fluss kann nie frei von Insekten sein.
Wie wird der Erdaushub durchgeführt? Die LKWs werden in Höhe des Kurhauses an der Niddaböschung entlang fahren, dort mit dem Erdaushub per Bagger beladen und dann wieder über das Kurhaus abfahren. Dies ist die vernünftigste und brauchbarste aller Lösungen.