Straßenbahnverlängerung bis zur Krebsschere: Was kommt auf Bad Vilbel zu?

Die Bürgerversammlung am 12.05.2022 zur Verlängerung der Straßenbahn nach Bad Vilbel – anstelle der bestehenden Buslinie 30 – hat ein zwiespältiges Ergebnis gebracht, zumindest wenn man die am Ende vergebenen Klebepunkte der Teilnehmer für oder gegen die Verlängerung der Straßenbahn in den Blick nimmt. Auf jeden Fall hat die Potenzialstudie des Beratungsunternehmens Ramboll viele Fragen aufgeworfen, die nicht alle geklärt werden konnten. Klarheit zeichnet sich dahingehend ab, dass Frankfurt und Bad Vilbel jeweils die Kosten für den Bau der Straßenbahn auf ihrem Gebiet tragen sollen, so die Aussage des Vertreters von traffiQ, der Verkehrsgesellschaft der Stadt Frankfurt, die 50% der Kosten für die Studie übernommen hat, so der Sprecher für Planung, Bauen und Umwelt der FDP Stadtverordnetenfraktion Joachim Pfeil und der zuständige Fachmann der Partei Dr. Michael Rudolphi.

Angesichts der lt. Studie erwarteten Baukosten von 112 Mio. Euro bedeutet das, dass Bad Vilbel den Löwenanteil der Kosten tragen müsste, was über die Finanzkraft der Gemeinde gehen würde. Daher geht die Studie davon aus, dass der Bund 80% der Kosten bezuschusst. Voraussetzung dafür ist, dass das Projekt einen Nutzen-Kosten-Faktor größer 1 hat, d.h. einen höheren Nutzen hat im Vergleich zu den Kosten. Und es verwundert daher nicht, dass Ramboll für die Verlängerung der neuen Straßenbahnlinie 19 bis zur Krebsschere am Nordbahnhof einen Faktor von 1,76 ermittelt hat. 

Angesichts dessen, dass die neue Straßenbahnlinie erst Anfang der  2030er Jahre fertig sein soll, fragt sich die FDP, ob über einen so langen Prognosezeitraum verlässliche Aussagen möglich sind. „Zu erwarten ist, dass die Kosten bis dahin auf ein Mehrfaches gestiegen sein werden. Und der Nutzen? Nehmen wir als Beispiele: Lt. Studie sollen bis im Jahr 2025 rund 8.000 Arbeitsplätze in der Krebsschere entstehen. Aber woher kommen die Arbeitnehmer? Nur aus Frankfurt wohl kaum. Oder: Der geringere CO2-Ausstoß durch den Umstieg auf die Straßenbahn soll in Geld gerechnet zu einem Nutzen von 190 Tsd. Euro führen. Ist die steigende Zahl von e-Autos in dieser Zahl berücksichtigt,“ fragen sich die Freien Demokraten weiter. 

Ist der vermehrte CO2-Ausschuss durch die Staus während der Bauphase enthalten? Welche Auswirkungen haben die Wartezeiten der Autofahrer im innerstädtischen Verkehr, wenn die Straßenbahn an den Haltestellen hält?

„Und der Bau der Straßenbahntrasse stellt einen tiefgreifenderen Eingriff in den hiesigen Verkehrsraum dar als der viergleisige Ausbau der S-Bahnstrecke entlang der Kasseler Straße, der heute schon zu erheblichen Verkehrsstaus führt und sich auch auf die Fahrzeiten von Linie 30 und Vilbus auswirkt,“ begründet der auf dem Heilsberg lebende Rudolphi.

Das Fazit für die FDP Bad Vilbel lautet deshalb: „die Nutzenermittlung ist äußerst spekulativ, nicht nachvollziehbar und vernachlässigt die Auswirkungen auf den innerstädtischen Verkehr. Sie sorgt aber dafür, dass der hohe Nutzen-Kosten-Faktor von 1,76 ermittelt wird. Man sieht: der Anreiz zum Schönrechnen ist hoch, denn nur so kann auf die Förderung durch den Bund gehofft werden,“ ergänzt der Stadtverordnete Pfeil  

Werden die Parameter in der Potenzialanalyse auf realistische Zahlen geändert, so wird klar das der ermittelte Kosten-Nutzen Faktor gegen „Null“ sinkt. Sicherheitspolster wurden nicht eingebaut!

Angesichts des Stillschweigens in der Bürgerversammlung frage man sich, ob der hiesige Verkehrsdezernent Wysocki die Erstellung der Studie wirklich kritisch begleitet hat. Dass traffiQ die Straßenbahn­verlängerung unbedingt möchte, das wurde in der Bürgerversammlung überdeutlich. Die FDP erwartet von der Machbarkeitsstudie, die mit Kosten von 300 Tsd. Euro verbunden ist, keinen größeren Erkenntnisgewinn: ein vom Nutzen her nur schwer nachprüfbares Projekt wird auch durch Vertiefung nicht besser. Warum denn nicht die Buslinie 30 beibehalten, den Fahrplantakt mit zunehmendem Fahrgastaufkommen verbessern und Busse mit umweltfreundlichem Antrieb, z.B. Wasserstoff oder re-Fuels, einsetzen.? Es lässt sich noch viel machen – für deutlich weniger Geld.

Die FDP Bad Vilbel kommt nach kritischer Würdigung des Zahlenmaterials, das der Potenzialanalyse zugrunde liegt, zu dem Schluss, die Erstellung der Machbarkeitsstudie in der Stadtverordnetenversammlung begründet klar und deutlich abzulehnen, so Rudolphi und Pfeil abschließend