Rede zum Entwurf des Haushalts 2010

11.02.2010

Der Haushalt für das Jahr 2010 steht – wie jeder weiß – vor dem Hintergrund der anhaltenden Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. Das macht es nicht einfach, einen Haushalt aufzustellen, der allen Anliegen gerecht wird und ohne zusätzliche Schulden auskommt und ausgeglichen ist. In vielen Kommunen erweist sich diese Aufgabe als unmöglich. So auch in Bad Vilbel. Die Leistungen der Kämmerei sind daher – unabhängig von einer endgültigen Beurteilung des Haushalts – sehr positiv zu bewerten. Ich möchte den Dank an die Mitarbeiter gerade in diesem Bereich daher auch an den Anfang meiner Ausführungen stellen. Sie hatten mit Sicherheit keine leichte Zeit.

Die Rahmenbedingungen für einen Haushalt sind also nicht günstig.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass bundesweit bei den Kommunen ein Haushaltsloch von 12 Milliarden Euro zwischen Einnahmen und Ausgaben klafft. Zinszahlungen für Kredite schränken die Handlungsfähigkeiten der Kommunen ein. Das Bundesfinanzministerium schätzte Ende Januar 2010 die Erholung der Wirtschaft als unsicher ein und geht davon aus, das diese Erholung 2010 langsamer weitergehen wird als im 2. Halbjahr 2009. Es sei auch in der Zukunft immer wieder mit Einbrüchen auf dem Weg aus der Krise zu rechnen.

Derartige Prognosen sind ernst zu nehmen und fordern von den Kommunen besondere Anstrengungen. Wir können nicht warten, bis die Gemeinden auf einem Wellenkamm der Konjunkturbelebung sitzen und sich die Probleme quasi von alleine lösen.

„Wachstum ist nur mit starken Städten und Gemeinden möglich“, erklärt der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Eine starke Stadt braucht ein sicheres finanzielles Fundament.

Von den Kommunen ist daher jetzt zu fordern, dass alle Möglichkeiten zur Haushaltskonsolidierung vorurteilsfrei überprüft werden. Erhöhung der Einnahmen und Einsparmöglichkeiten bei den Ausgaben sind gleichermaßen zu untersuchen. Hier ist Kreativität gefragt. Leider ist hier auch die Bereitschaft gefragt, die Ausgaben besonders zu überprüfen, zu denen die Kommune nicht verpflichtet ist. Um auch diese undankbaren Überlegungen so durchzuführen, dass es nicht zu einschneidenden Maßnahmen kommt, ist Fantasie gefragt und die Bereitschaft, auch neue Wege zusammen mit den Betroffenen zu suchen und zu gehen.

Die Einnahmesituation der Stadt Bad Vilbel hat sich in den letzten Jahren drastisch verschlechtert.

Die Gewerbesteuer hat eine auf den ersten Blick sonderbare Entwicklung genommen. Lag das Gewerbesteueraufkommen 2005 noch bei 16,3 Millionen Euro, 2006 bei 16,7 Millionen Euro, so stieg es 2007 auf einmalige 30,6 Millionen Euro an. Dass es sich bei diesem Ergebnis um ein einmaliges Ereignis handelte, wurde in den damaligen Haushaltsberatungen auch erläutert. Erwartungsgemäß sank das Gewerbesteuereinkommen 2008 wieder auf 23,5 Millionen Euro. Der absolute Bruch kam dann aber 2009 mit nur 12 Millionen Euro zu erwartender Gewerbesteuer und die Erwartung, dass 2010 nur noch 11 Millionen Euro angesetzt werden können.

Wir müssen aufgrund der nur verhalten optimistischen Konjunkturaussichten für die nächsten Jahre davon ausgehen, das sich das Gewerbesteueraufkommen in der Stadt Bad Vilbel mit den derzeitig hier angesiedelten Unternehmen nur langsam wieder erhöhen wird und dass auch hier immer wieder die prognostizierten Täler bei der Konjunkturerholung zu Schwankungen führen werden.

Wenn wir davon ausgehen, dass eine Konsolidierung des Haushalts hauptsächlich durch eine Erhöhung der Einnahmen erfolgen kann, so ist es also zwingend erforderlich, die in Bad Vilbel vorhandenen Kapazitäten zur Ansiedelung neuer Gewerbebetriebe mit aller Kraft voran zu treiben.

Zum Einen müssen die von der Stadt vorab getätigten Ausgaben für Grundstückankäufe und Bereitstellung der Infrastruktur wieder hereingeholt werden, zum Anderen ist eine Stadt wie Bad Vilbel auf erhebliche Einnahmen aus der Gewerbesteuer angewiesen.

Unsere Stadt hat für die Bürgerinnen und Bürger vielfältige und umfangreiche Angebote geschaffen. Angebote aus den Bereichen Soziales, Kultur, Sport und Freizeit kosten Geld. Sie sind aber für die hier lebenden und auch für die hier arbeitenden Menschen nötig, um sich wohl zu fühlen und ihrerseits den Anforderungen einer immer komplexeren und anspruchsvolleren Lebens- und Arbeitswelt gerecht zu werden. Nicht zu allen diesen Leistungen ist die Stadt verpflichtet. Viele dieser Leistungen werden auch durch ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt erbracht. Dieses ehrenamtliche Engagement ist in jedem Fall zu unterstützen; es bildet eine der stärksten Säulen unseres Gemeinwesens. Die Menschen in Bad Vilbel haben auch einen Anspruch auf Sicherheit. Um diesem Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf Sicherheit gerecht werden zu können, müssen die freiwilligen Feuerwehren mit einer modernen und den sehr hohen Anforderungen gewachsenen Ausrüstung versehen werden. Jeder einzelne Ausrüstungsgegenstand für die Feuerwehren, vom Löschfahrzeug bis zum Arbeitshandschuh, dient ausschließlich der Sicherheit der hier wohnenden und arbeitenden Menschen.

Die zügige Vermarktung des Gewerbegebietes „Quellenpark“ ist eine Voraussetzung dafür, dass die Stadt auch in Zukunft in der Lage sein kann, die beschriebenen erforderlichen Maßnahmen zu finanzieren. Wer dieses Projekt in Frage stellt, nimmt in Kauf, dass die Leistungen für die Bevölkerung von Bad Vilbel in erheblichem Maße eingeschränkt werden müssen und dies auch soweit gehen kann, dass die Sicherheit bei Bränden, Unfällen, Unwettern und anderen Hilfeleistungen nicht mehr gewährleistet sein könnte.

Auch die Umsetzung der Bebauungspläne für Wohnbebauung ist weiter zu betreiben. Natürlich kann nicht jeder in Bad Vilbel mit jeder Baumaßnahme einverstanden sein. Die FDP hat sich sehr intensiv mit den Bedenken der Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel hinsichtlich der Bebauung der sogenannten „Ami-Wiese“ auseinander gesetzt. Wir gehen davon aus, dass sich viele der geäußerten Bedenken nicht verwirklichen werden und hoffen, dass auch hier die gemeinsamen Ziele nicht aus den Augen verloren werden.

Die Tatsache aber, dass sich so viele Bürger in verschiedenen Bürgerinitiativen zusammenschließen, um sich auf diese Weise Gehör zu verschaffen, sollten wir als Alarmzeichen werten.

In vielen Gesprächen wurde von den engagierten Bürgern aber auch von Menschen, die sich (noch?) keiner Bürgerinitiative angeschlossen haben, der Wunsch geäußert, stärker als bisher in die Entscheidungsfindung der städtischen Gremien eingebunden zu werden. Sie wollen dabei nicht, dass statt der gewählten Stadtverordneten jetzt die Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden – dies ist, wie der Bürgerentscheid, der zur Zeit angestrebt wird zeigt, nur ein letztes Mittel, sich Gehör zu verschaffen – , vielmehr wollen sie stärker in die Planungsprozesse eingebunden werden.

In diesem Zusammenhang gibt die Stadt Bad Vilbel zurzeit kein gutes Bild ab.

Immer wieder muss angemahnt werden, dass Entscheidungen nicht von einer kleinen Gruppe von Personen zu treffen sind, sondern von den hierfür gewählten Vertretern der Bürgerinnen und Bürger. Immer wieder muss angemahnt werden, dass zumindest die Informationen frühzeitig erfolgen müssen. Immer wieder müssen wir feststellen, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden. Diese Vorgehensweise kann nicht zur Vertrauensbildung zwischen städtischen Gremien und Bad Vilbeler Bevölkerung dienen.

Die Argumente für diese Vorgehensweise sind immer die gleichen. Da geht es um das wohlverstandene Interesse für die Stadt und die Befürchtung, dass durch frühzeitige Information ein Schaden hätte entstehen können.

Ich gebe hier noch einmal die gleiche Antwort, die ich an dieser Stelle auf diese Bedenken schon einmal gegeben habe: Der Schaden, der dadurch entsteht, dass die Stadtverordneten und wenn möglich auch die Bürger nicht frühzeitig informiert wurden, ist um einiges größer. Der Schaden der dadurch entsteht betrifft die Grundfesten der Demokratie. Man mag einen kurzfristigen Vorteil erlangen. Langfristig ist es eine Katastrophe. Die Auswirkungen sehen wir in Bad Vilbel. Mit den Auswirkungen müssen sich dann aber auch alle politisch Tätigen auseinandersetzen: Das Vertrauen der Bürger geht verloren. Das ist der Preis, der für Zurückhalten von Informationen gezahlt werden muss. Wir möchten diesen Preis nicht zahlen.

Wir sind überzeugt davon, dass viele Bedenken der Bevölkerung Bad Vilbels nicht entstanden wären, hätte hier eine offensive und offene Politik stattgefunden.

Wir können daher nicht ohne Missbilligung hinnehmen, dass ohne Kenntnis der Stadtverordneten eine Vereinbarung mit dem Wetteraukreis getroffen wurde, die die Stadt 100.000,- Euro kosten wird und deren Grundlage, textliche Gestaltung und Auswirkungen wir immer noch nicht kennen.

Aber fassen wir zusammen: Die Einnahmesituation der Stadt Bad Vilbel muss durch noch konsequentere Ausnutzung der vorhandenen Ressourcen verbessert werden und die Bürgerinnen und Bürger müssen über diese Maßnahmen viel stärker als bisher informiert und auch vorher einbezogen werden.

Die Ausgabesituation der Stadt Bad Vilbel ist gekennzeichnet von Investitionsmaßnahmen, Verwaltungsaufwendungen und freiwilligen Zuwendungen.

Investitionsmaßnahmen sind angesichts der immer noch schwächelnden Konjunktur notwendig, soweit sie von der Stadt auch verantwortungsbewusst finanziert werden können.

Wir gehen davon aus, das die geplanten Investitionsmaßnahmen im Wesentlichen sinnvoll und der wirtschaftlichen Lage angemessen sind. Sie erfordern aber massive Anstrengungen zur Erhöhung der Einnahmen. Investitionen nur auf Schuldenbasis mögen zwar zur Konjunkturbelebung beitragen, engen aber die Stadt auf Jahre in ihrem Handlungsspielraum ein. Geld, das für Zinsen ausgegeben werden muss, steht für andere Maßnahmen nicht zur Verfügung. Daher muss auch im Sinne von zukünftigen Investitionen und anderen Maßnahmen oberstes Ziel sein, die Schulden und damit die Zinslast zurückzufahren.

Aufwendungen für die Verwaltung – und ich zähle hierzu natürlich auch die Personalkosten – müssen selbstverständlich auf Einsparmöglichkeiten überprüft werden. Von daher ist die 6-monatige Stellenbesetzungssperre nach dem Haushaltssicherungskonzept zum Haushaltsplan 2010 sicher angemessen. Wir gehen davon aus, dass auch weitere Rationalisierungsmaßnahmen überprüft werden. Die Tatsache, dass das Personal für die Kindertagesstätten und Krabbelgruppen hiervon ausgenommen ist und weitere Stellen für die Kinderbetreuung eingerichtet wurden, findet unsere volle Zustimmung. Hier ist die Stadt nicht nur in der Pflicht, sie leistet damit auch einen Beitrag für berufliche Tätigkeiten gerade der Mütter.

Einsparen bedeutet aber nicht, dass mit dem Rasenmäher einfach mal ein paar Prozent gekappt werden. Hier muss sehr genau im Detail geprüft werden, in welchem Bereich welche Möglichkeiten bestehen. Hier ist auch die Fantasie der Mitarbeiter selbst gefragt, die ihren Arbeitsplatz am besten kennen und deren Wissen hier eingebracht werden sollte.

Freiwillige Zuwendungen z.B. an Vereine müssten auch auf Alternativen hin überprüft werden. Hierfür ist ein besonders enger Kontakt mit den Vereinen nötig, um deren Bedürfnisse für die Fortführung ihrer Arbeit und die finanziellen Möglichkeiten der Stadt in einer Zeit leerer Kassen in Einklang zu bringen. Ziel muss es aber sein, die Vereine in ihren Bemühungen zu unterstützen. Die Vereine leisten einen wichtigen Beitrag zu unserem Gemeinwesen. Sie bieten wie kaum eine andere Organisation den Menschen die Möglichkeit, Gemeinschaft zu leben. Das muss weiter gefördert werden. Dazu gehört auch, dass die Nutzungsmöglichkeiten z.B. der bestehenden Sportanlagen sinnvoll gestaltet werden.

Aber nicht nur die Vereine leisten viel für die Gemeinschaft. Gerade auch die Kirchen leisten hier wertvolle Dienste. Der Einsatz von Hunderten von ehrenamtlich Tätigen in den Religionsgemeinschaften von Bad Vilbel zeigt, wie wichtig Gemeinschaft für den Einzelnen ist. Hier ist die Kommune auch gefragt, nach ihren Möglichkeiten zu helfen.

Auf der Ausgabenseite ist für die Stadt Bad Vilbel also nach unserer Auffassung nur behutsam und mit fantasievoller Anstrengung aller eine vernünftige Reduzierung möglich. Diese Möglichkeiten müssen genutzt werden und werden nur durch die Einbeziehung sowohl der Mitarbeiter als auch der Bürgerinnen und Bürger überhaupt alle erkannt werden können.

Innerhalb des Haushalts gibt es Bereiche, die von Gesetzes wegen ausgeglichen zu sein haben. Dabei handelt es sich um die Gebührenhaushalte. Bei Abwasserbeseitigung und Abfallbeseitigung sind die Gebühren nach den Vorschriften des Hessischen Gesetzes über kommunale Abgaben kostendeckend. Hier entsteht kein Zuschussbedarf für die Stadt.

Anders sieht es bei dem Bestattungswesen aus. Von der gesetzlich geforderten Kostendeckung ist man hier weit entfernt. Mit knapp 44% wird noch nicht einmal eine hälftige Kostendeckung erzielt.

Ich weiß, das Thema ist nicht beliebt. Niemand möchte in den Verdacht geraten, aus dem Tod eines Menschen und dem tiefen Leid der Angehörigen und Freunde Kapital schlagen zu wollen. Trotzdem müssen wir uns auch dieses Themas annehmen. Auch hier fehlen die Gelder an anderer Stelle. Eine hundertprozentige Deckung wird es in diesem Bereich nicht geben. Aber eine behutsame Erhöhung der Gebühren verbunden mit einer Überprüfung der Ausgabensituation sollte auch hier eine Haushaltsentlastung möglich machen.

Insgesamt müssen wir feststellen, dass der Haushalt für die schwierige Zeit, für die er erstellt wurde, durchaus vertretbar ist. Wir vermissen aber weiterführende Möglichkeiten, die Schulden der Stadt zu reduzieren, um so die Handlungsfähigkeit in Zukunft zu erhalten. Wir vermissen auch insgesamt eine umfassendere, alle die Stadt betreffenden Belange einschließende Offenheit bei den Handlungen des Magistrats.

Aus diesen Gründen können wir dem Haushalt nicht zustimmen.

Üblicherweise wird der Dank an alle die vielen Personen, die sich in Bad Vilbel für die Stadt, die Bürgerinnen und Bürger, also für unsere örtliche Gemeinschaft, einsetzen am Ende eines Jahres im Zusammenhang mit den Haushaltsdebatten ausgedrückt. Dieses Mal findet die Entscheidung über den Haushalt im Februar statt. Für Dank ist aber immer die richtige Zeit, denn die Arbeit findet das ganze Jahr über statt.

Die FDP-Fraktion dankt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Bad Vilbel und der Stadtwerke für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dieser Dank gilt auch den hauptamtlichen Mitgliedern des Magistrats. Wir danken den vielen ehrenamtlich Tätigen in Bad Vilbel für ihr Engagement. Und besonders danken wir den für die Sicherheit der Bürger dieser Stadt arbeitenden Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehren. Sie setzen für uns ein ihre Zeit, ihre Gesundheit und oft genug auch ihr Leben. Ganz besonderen Dank dafür.

Nicht zuletzt möchte ich den Kolleginnen und Kollegen im Stadtparlament danken. Wenn es auch oft heiß hergeht bei uns, so werden wir doch alle getragen von dem Wunsch, für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt das Beste herauszuholen. In der Hitze des Wortgefechts wird das manchmal vergessen. Vielleicht können wir uns ab und an wieder einmal daran erinnern. Aber trotz allem: Ohne euch wäre es langweilig!