Grüne wollen 100 Mio. für ihr Vilbel21
FDP Bad Vilbel: 100 Mio. Euro! Oder darf es ein bisschen mehr sein?
Nachdem auf dem Neujahrsempfang der Grünen Bad Vilbel sich der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir für eine Straßenbahn von Frankfurt bis zum Nordbahnhof ausgesprochen hat, haben die heimischen Freien Demokraten die Argumente zusammengestellt. Sie kommen nicht zu einem Ja!
Für die Verlängerung der Straßenbahn nach Bad Vilbel werden mindestens 100 Mio. Euro veranschlagt. 100 Mio. sind ein stolzer Preis. Es ist eine erste Schätzung, wie hoch die Kosten für die Verlängerung der Linie 18 ab der Unfallklinik entlang der Friedberger Landstr. bis zum Bahnhof Süd in Bad Vilbel, evtl. mit einer Verlängerung bis zum Bahnhof Nord sein könnten. Wendet man die in einem Artikel der FAZ vom 21.01.2020 genannten 20 Mio. auf jeden der 6 km für die Verlängerung der Straßenbahn nach Bad Vilbel an, so kommt man sogar auf 120 Mio.
Für Thomas Reimann und David Gaida, Sprecher des FDP Arbeitskreises Verkehr, sind diese Summen ein Alarmzeichen. Sie sehen aber auch Positives: „Nachdem jahrelang alle Vorschläge zur Entschärfung bzw. Entflechtung der Verkehrsbelastung auf der Friedberger Landstr. von Frankfurter Seite ignoriert oder abgelehnt worden sind, ist der in 2020 begonnene Dialog eine erfreuliche Entwicklung.“
Der Oberbürgermeister von Frankfurt, Peter Feldmann (SPD), und der Bürgermeister von Bad Vilbel, Thomas Stöhr (CDU), haben sich zusammen mit ihren Verkehrsdezernenten am 20.01.2020 auf sie Ausarbeitung einer Potentialanalyse mit anschließender Machbarkeitsstudie verständigt. Mit den Studien soll geklärt werden, ob und wenn ja welcher Trassenführung der Vorzug zu geben ist, wie die technische Machbarkeit ist und wie hoch die zu erwartende Nutzung der verlängerten Linie 18 nach Bad Vilbel ist.
Als mögliche Trassen stehen eine Streckenführung entlang der B521 – sozusagen außen am Heilsberg vorbei – oder über die Alte Frankfurter Str. – wie heute die Buslinie 30 – zum Heilsberg-Kreisel zur Debatte. Bei beiden Varianten geht die Trasse dann über die Frankfurter Str., den Schöllberg, zum Kreisel am Südbahnhof und evtl. weiter auf der Kasseler Str. zum Nordbahnhof. Aktuell nutzen täglich bis zu 5.000 Fahrgäste die Buslinie 30 zwischen Bad Vilbel und Frankfurt. Das zeigt, dass ein hoher Bedarf besteht. Die Buslinie 30 wäre mit der Straßenbahnlösung überflüssig und würde eingestellt.
Für die Bad Vilbeler ist derzeit die Fahrt nach Frankfurt mit der Linie 30 teilweise mehr als umständlich, da die Busse nicht immer bis zur Konstablerwache und nach Sachsenhausen fahren, sondern an der Friedberger Warte enden mit Umstieg in die Straßenbahnlinie 18. Als Gründe für diese Umstellung im ÖPNV-Angebot führte der Frankfurter SPD Verkehrsdezernent Klaus Oesterling notwendige Maßnahmen zur Luftreinhaltung an, insbesondere bzgl. des Ausstoßes von Stickstoffdioxid und der Feinstaubbelastung durch Dieselbusse.
Nun wird bei den 100 Mio. Kosten beschwichtigend angeführt, dass sich die Planer 60 % vom Bund und 25 % vom Land Hessen als Kostenübernahme erhoffen. Somit blieben 15 Mio., die aus dem Stadtsäckel von Frankfurt bzw. Bad Vilbel zu finanzieren wären. „Steuergeld bleibt Steuerzahlergeld, egal aus welchem Topf es kommt,“ so der heimische FDP Ortsvorsitzende Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn.
„Die Verlängerung der Straßenbahn nach Bad Vilbel ist nicht alternativlos,“ sagt Dr. Michael Rudolphi, Mitglied des Ortsbeirats auf dem Heilsberg. „Wir fragen uns angesichts der Höhe der Investitionen und einer ungesicherten Finanzierung: Macht es Sinn, in den Voruntersuchungen ausschließlich auf eine derart teure Lösung wie die Verlängerung der Straßenbahnlinie 18 zu setzen? Gibt es andere Lösungen, die kostengünstiger und dennoch ebenso umweltfreundlich wie die Straßenbahn sind?“ Aktuell werde in der Öffentlichkeit von den Grünen und der SPD eine Euphorie geschürt, die Verlängerung der Linie 18 sei die einzig tragfähige Lösung.
Die FDP Bad Vilbel sieht die Verengung der Studien einzig auf die Straßenbahnverlängerung als eklatanten Webfehler an. Der Verkehrsexperte Rudolphi: „In den Voruntersuchungen wurde die Möglichkeit, die Dieselbusse der Linie 30 durch Busse mit alternativen Antrieben zu ersetzen, ausgeblendet. Insbesondere Busse, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden, sind eine Alternative mit Zukunft. Sie sind umweltfreundlich und vermeiden den Ausstoß schädlicher Abgase. Grüner Wasserstoff deshalb, weil bei dessen Herstellung erneuerbare Energie eingesetzt wird.“ Er fügt hinzu: „Diese Busse werden durch die Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie gefördert.“ Nur das Land Hessen mache noch nicht mit.
Mit Wasserstoff betriebene Busse sind heute deutlich teurer als Busse mit Verbrennungsmotoren. Ebenso ist die Herstellung von Wasserstoff ausgesprochen stromintensiv. Für die Versorgung müssen entsprechende Tankstellen bereitgestellt werden. Das alles sind Kostenfaktoren. Aber die weitere Entwicklung werde in den nächsten Jahren dafür sorgen, dass die Preise für Busse mit Wasserstoffantrieb deutlich sinken werden. Ebenso arbeiten die Hersteller von Elektrolyseuren daran, die Herstellungskosten von Wasserstoff deutlich nach unten zu drücken.
„So werden die Kosten deutlich niedriger sein als die veranschlagten Kosten von über 100 Mio. für die Straßenbahnverlängerung,“ so die FDP Bad Vilbel.
Nach der Vertragsunterzeichnung zwischen Frankfurt und Bad Vilbel am 20.01.2020 werden die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie Anfang März 2021 veröffentlicht. Die Erfahrung aus vielen anderen öffentlichen Infrastrukturprojekten zeige, dass die Kosten-Nutzen-Analysen zu optimistisch seien. Die FDP Bad Vilbel erwartet angesichts der politischen Vorschusslorbeeren für die Straßenbahnlösung, dass die Gutachter diese Lösung befürworten werden, unbeschadet der im Raum stehenden Kosten von 100 Mio. „Wir werden uns die Studie genau anschauen!“, so Hahn.
Auch hätten die Voruntersuchungen über 1 Jahr gedauert. Die Detailplanung werde weitere Zeit benötigen. Ebenso die Klärung der technischen Fragen. Die Verlegung der Schienen, der Bau der Oberleitungen, der Umbau der heute von der Linie 30 genutzten Haltestellen werde Staus für den Autoverkehr während der Bauzeit, die auch die Linie 30 betreffen, zur Folge haben. Insgesamt ist nicht vor 2027 mit einer Fertigstellung zu rechnen.
Jörg-Uwe Hahn, Landtagsvizepräsident und Vorsitzender der FDP Bad Vilbel fragt: „Kann in einer Zeit wegbrechender Einnahmen und stark wachsender Schulden ein Vorhaben mit einem so hohen Finanzierungsbedarf guten Gewissens auf den Weg gebracht werden?“
Bei der Verlängerung der Linie 18 seien auch viele Fragen, die mit der Trassenführung auf dem Gebiet von Bad Vilbel zusammenhängen, noch nicht näher geklärt. „Da es weder am Südbahnhof noch am Nordbahnhof Platz für einen Wendekreis gibt, müssen die Straßenbahnzüge rangieren. Das blockiert den Autoverkehr in der Kasseler Str. bzw. in der Dieselstr. Die Kasseler Str. ist heute schon durch Staus stark belastet, in der Dieselstr. werden die Vilbus-Linien, aber auch die Anlieger vom Rangierbetrieb betroffen sein,“ erinnert Reimann an die konkreten Auswirkungen.
Um die Straßenbahnhaltestellen behindertengerecht auszubauen, müssen Hochborde auf der Frankfurter Str. am Schöllberg geschaffen werden, wie sie es heute in Frankfurt in der Friedberger Landstr. gibt. Für Pendler, die vom Auto auf die Linie 18 am Südbahnhof bzw. am Nordbahnhof umsteigen möchten, müssten P+R-Parkhäuser gebaut werden. Dafür fehle aber zumindest am Südbahnhof der Platz. Auch würden solche P+R-Parkhäuser weiteren Autoverkehr in die Stadt ziehen. Selbst wenn die Straßenbahnen durch leistungsstärkere Elektromotoren in der Lage wären, die Steigung am Schöllberg zu schaffen, so bleiben zahlreiche im Zuge der Detailplanung zu klärende Fragen, wie z.B. auch die Auswirkungen auf Parkplätze an der Frankfurter Str. oder auf den Baumbestand an der Alten Frankfurter Str. auf dem Heilsberg.
Bei einer Entscheidung für Busse mit Wasserstoffantrieb könne die heutige Streckenführung über die Frankfurter Str. – auch durch die Innenstadt – beibehalten werden. Es könnten die bestehenden Haltestellenbuchten und behindertengerechten Haltestellen weiter genutzt werden, Autos an den Haltestellenbuchten die Busse leichter passieren. Das Straßenbild werde nicht durch Oberleitungen beeinträchtigt. „Mit einem Wasserstoffbus kann relativ rasch ein Probebetrieb begonnen werden, um die Praxistauglichkeit zu testen. Das sind nicht zu unterschätzende Vorteile für diese Lösung.“
Die FDP Bad Vilbel stehe dafür, dass der ÖPNV weitere Verkehrslast übernimmt. Das könne auch durch engere Taktung im Fahrplan geschehen. „Insgesamt braucht es aber eine sorgfältige und vorurteilsfreie Überprüfung der Alternativen – zwischen einer Verlängerung der Linie 18 und Beibehaltung des Busbetriebs auf der Linie 30, jedoch mit umweltfreundlichen Antrieben. Die Einrichtung einer Busspur entlang des Heiligenstockwegs zum Zollhaus kann auch in diesem Abschnitt die Fahrzeit verringern und damit die Nutzung der Linie 30 attraktiver machen,“ so FDP Chef Hahn.