Haushaltsrede Doppelhaushalt 2025/26 FDP

22.11.2024

Lesen Sie die Haushaltsrede von Anja Nina Kramer am 12.11.2024

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,
Guten Abend, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
sehr geehrter Herr Stadtkämmerer,

Heute befinden wir uns, wie Herr Zander es selbst bezeichnet, bei einem „Mammutwerk“ und dem finanzstärksten Haushalt im Wetteraukreis.
Auch für uns ehrenamtliche Vertreter der Stadtverordnetenversammlung im Nebenjob ist es eine wichtige und umfangreiche Aufgabe, die über 600 Seiten zu durchforsten und Eingaben zu machen.

Denn dieser Doppelhaushalt 2025/26 bestimmt die Schwerpunkte und stellt die Weichen der Regierungsarbeit in Bad Vilbel für einen Zeitraum, in dem am 23.02. Bundestagswahlen und auch die kommenden Kommunalwahlen in Hessen stattfinden.

Positiv stellen wir gleich zuallererst heraus, dass dieses umfangreiche Zahlenwerk nicht nur mit ausreichend Zeit für dessen Beratung, sondern auch mit größter Offenheit für die Fragen und Anliegen der Vertreter der Fraktionen und Ortsbeiräte vom Stadtkämmerer vorgelegt und mit viel Geduld erläutert wurde. Hierfür danken wir Herrn Stadtkämmerer ausdrücklich.

Wir leben in Zeiten multipler Krisen, die nicht abreißen:
Während Corona der Stadtkasse komfortable Rücklagen beschert hat, leiden einige unserer Unternehmen noch heute. Andere Geschäfte und Gastronomien mussten sogar schließen, wie der Leerstand auf der Frankfurter Straße bezeugt.

Deshalb freuen wir uns außerordentlich, dass die von uns konsequent eingeforderte Professionalisierung des Stadtmarketings mit der Besetzung von zwei kompetenten Fachkräften umgesetzt wurde.

Während wir eine schwächelnde Wirtschaft, Fachkräftemangel und Inflation beklagen und nun auch im eigenen Land eine Phase des politischen Übergangs durchleben, erstarken nationalistische, antisemitische und menschenverachtende Kräfte, wüten anderswo kriegerische Auseinandersetzungen, regieren Zerstörung und Tod. Menschen fliehen vor Unterdrückung und Verfolgung sowie den Folgen des Klimawandels.

Daher können wir uns glücklich schätzen: Bad Vilbel ist privilegiert.
Wir leben in Freiheit und in Frieden!

Laut Statistiken ist Bad Vilbel eine sichere Stadt, auch wenn die vielen Meldungen von Einbrüchen und geklauten Fahrrädern eine andere Wahrnehmung suggerieren.

Bad Vilbel wächst: Nicht nur dürfen wir zahlreiche Neubürger der Stadt begrüßen, sondern auch unsere Einnahmen steigen, rund +25,5 Mio. € (in 2025) und +31,0 Mio. € (in 2026) gegenüber dem Plan 2024.

Bad Vilbel ist Kultur und meldet jährlich neue Besucherrekorde der Burgfestspiele und nimmt sich Großes vor: Nach der VilCo kommen die Theaterwerkstätten. Bad Vilbel ist ein kulturelles Epizentrum aus eigener Kraft in Hessen. Und das ist gut so!

Zwischen 2016 und 2023 haben wir stets Defizite geplant und Überschüsse erwirtschaftet, sodass wir beachtliche Überschüsse von 330 Mio. Euro verzeichnen.

2023 im Vergleich zum Vorjahr wurde der Schuldenstand von 35 Mio. Euro auf 32,7 Mio. Euro leicht abgebaut.

Allerdings steht die Abrechnung der VilCo noch aus.

Doch genug der Blumen!

Wir haben folgende Kritik an der Regierung und fordern deshalb:

  1. Generationengerechte und solide Finanzen
  2. Mobilität ist Freiheit
  3. Mehr Transparenz in der Finanzpolitik und bei Bauvorhaben
  4. Mehr Partizipation bei der Planung und Umsetzung von Infrastruktur

Zu 1.
Generationengerechte und solide Finanzen bedeutet, nur das auszugeben und zu investieren, was wir auch erwirtschaften können.

Und es gilt das Versprechen, dass die Grundsteuerreform für die Kommunen aufkommensneutral umgesetzt wird, d. h., dass trotz der Neubewertung der Grundstücke und des höheren Hebesatzes die Grundsteuereinnahmen in Gänze nicht steigen sollen.

Darauf werden wir ein Augenmerk haben, damit die einstimmig beschlossene Satzung nicht zu mehr Einnahmen führt. Schließlich ist der Wert der Grundstücke in Bad Vilbel stark gestiegen. Der ein oder andere Eigentümer wird mit deutlichen Steuererhöhungen konfrontiert werden, andere mit Senkungen.

Zu 2.
Mobilität ist Freiheit.

Dabei diskriminieren wir Liberalen nicht nach Verkehrsmitteln. Doch der Verkehrsraum in Bad Vilbel hält mit dem zunehmenden Personen- und Güterverkehr in der pulsierenden Metropolregion nicht mit.

Mit Erfolg konnten wir weitere Studien für eine geplante Straßenbahn verhindern, die unsere Hauptverkehrsader weiter eingeschränkt hätte.

Sinnvoller halten wir das Projekt der Regionaltangente Ost, die Gronau mit einer S-Bahn bis zum Flughafen anschließen würde und tatsächlich den Durchgangsverkehr vermindern könnte.

Wir begrüßen die partizipative Aktualisierung des Fahrradkonzepts und bedauern, dass zahlreiche liberale Anträge zur Verbesserung der Verkehrssicherheit am Schulweg und die Öffnung des Massenheimer Wegs mehrmals abgelehnt wurden.

Zu 3.
Mehr Transparenz ist unser Credo für Kommunalpolitik!

Kommunale Finanzen sind komplex. Ein Haushalt auf der Webseite stellt noch keine Transparenz her.

Daher haben wir den Antrag der Grünen/Bündnis 90 unterstützt, ein neues Produkt VilCo einzuführen. Wir können unserer Bürgerschaft nicht zumuten, sich Zahlen aus Pressemitteilungen zusammenzukratzen. Diese müssen an einer Stelle übersichtlich zu finden sein.

Jedoch: Bürgernahe und verständliche Rechenschaftslegung läuft nicht über die Verwaltungsverfahren einer Kommune oder Pressemitteilungen.

Daher bedauern wir, dass unser Antrag für die Erstellung eines jährlichen Bauberichts in diesem Jahr abgelehnt wurde. Lapidares Argument der Regierung: Zu aufwendig und teuer. In Zeiten der Digitalisierung und bei einem professionellen Projektmanagement sollte dies jedoch kein Problem sein.

Der andere große Ausgabenposten schon im nächsten Jahr ist der Hessentag, dessen Finanzierung für die Bürgerinnen und Bürger noch intransparenter ist. Daher fordern wir die „barrierefreie“ Zusammenführung und Darstellung der Zahlen für den Hessentag.

Zu 4.
Ja, Bad Vilbel ist und bleibt eine Insel der Glückseligen.

Und die Koalition tut gut daran, auf Bürgerinteressen zu hören:

Bürgerinnen und Bürger wünschen sich neben einer belebten Innenstadt lebendige Ortsteile mit einer funktionierenden Nahversorgung.

So wächst der Widerstand gegen das Neubaugebiet in Gronau aufgrund der Sorgen bezüglich Überschwemmung und Hochwasser.

Zudem wächst der Unmut über das fehlende Hallenbad.

Eine Gemeinde ist nur so gut wie ihr Bad. Und eine Kurstadt erst recht.

Daher stellen wir den Antrag, Mittel für Vor- und Machbarkeitsstudien für ein Hallenbad in Bad Vilbel umzuwidmen und dafür die Kosten der Erschließung des Neubaugebiets in Gronau einzusparen.

Unsere Position: Wir machen unsere Zustimmung zum Haushalt davon abhängig, ob unserem Antrag zugestimmt wird.

Kommentar:
Konsequenterweise haben wir den Haushalt als FDP-Fraktion aufgrund mangelnder langfristiger Nachhaltigkeit und der Weigerung der Koalition, einen Plan B für ein Bad mitzutragen, abgelehnt.