Antisemitismus geht uns alle an

Die FDP-vor-Ort-Veranstaltung am 13.02.2025 zum Thema „Antisemitismus: Eine Gefahr für unsere Demokratie!“ stand unter dem Eindruck des vermutlich extremistisch motivierten Anschlags in München am selben Tag. Dass insbesondere jüdisches Leben in Deutschland bedroht ist, erfuhren die Teilnehmenden sehr eindrücklich durch den Polizeischutz, der in Bad Vilbel zur Stelle war.
Nicht überall sind konsequente Schutzmaßnahmen in Deutschland gewährleistet – in Hessen schon. „Der Schutz jüdischer Einrichtungen und Versammlungen durch Polizei und zum Teil sogar den Staatsschutz ist ein Zeichen dafür, dass die Minderheit jüdischen Glaubens in unserer Demokratie nicht mehr frei leben kann und aus Angst Symbole ihres Glaubens versteckt, um nicht als jüdisch erkannt zu werden,“ eröffnet Britta Weber, 1. Vorsitzende des Landesverbands der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Hessen e.V. „Antisemitische Straftaten nehmen in Deutschland zu.“
Die Gefahr geht nicht nur offensichtlich von rechtsextremistischer Seite aus, sondern auch von linksgesinnten Medien und öffentlichen Persönlichkeiten, die unreflektiert Parolen wiederholen, die von Islamisten im Internet, speziell in den sozialen Medien, verbreitet werden. „Wenn antisemitische Aussagen und Haltungen immer öfter offen geäußert und dadurch in der Öffentlichkeit normalisiert werden, kann die Stimmung im Land kippen,“ hebt Roberto Fabian, stellvertretender Vorsitzender im Landesverband und im Vorstand der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Frankfurt, besorgt hervor. Besonders bedrohlich hält Fabian den Geschichtsrevisionismus, mit dem politische Kreise in Deutschland geschichtliche Ereignisse im Diskurs umdeuten und Verbrechen des NS-Regimes verharmlosen.
„Mittlerweile leben 5,3 Millionen Muslime in Deutschland. Jüdisches Leben ist hingegen mit nur rund 200.000 Menschen kaum noch wahrnehmbar. Circa 95.000 sind in jüdischen Gemeinden, wie in Bad Nauheim, organisiert. Vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 zählten die jüdischen Gemeinden im Deutschen Reich rund 560.000 Mitglieder,“ erinnert Manfred de Vries, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Bad Nauheim. „Wir setzen auf interreligiösen Dialog mit dem Abraham Café.
„Mit dem Programm ‚Meet a Jew, Meet a Muslim, Meet a Christian‘ gehen wir an Schulen und bieten Führungen durch die Synagoge an,“ ergänzt der unermüdliche Träger des Bundesverdienstkreuzes de Vries. „Judenhass wurde vom christlichen Glauben geschürt und wird auch vom Islam propagiert, daher sind Begegnungen von Andersgläubigen untereinander wichtig,“ berichtet Weber.
Die Runde war sich einig, dass es einer Ausweitung der Präventionsarbeit an Schulen bedarf und dass auch Vereine einen wichtigen Beitrag zur Begegnung und Sensibilisierung leisten. „Ein Besuch von Gedenkstätten macht das unfassbare Ausmaß der Verbrechen gegen die Menschlichkeit greifbarer,“ bezeugt ein Teilnehmer, der als Jugendlicher das KZ Auschwitz besucht hat. „Solche Schulausflüge müssen jedoch auch vor- und nachbereitet werden, damit junge Menschen die Eindrücke auch verarbeiten können.“
Ein sehr gutes Beispiel ist die Ausstellung „Auschwitz und wir – Gen Z blickt hinter den Stacheldraht“ in Bad Nauheim, die Schüler und Schülerinnen der Ernst-Ludwig-Schule im Rahmen eines geförderten Projekts organisiert hatten – als Zeichen, dass auch sie die Gesellschaft mitgestalten,“ kommentiert Frau Weber (www.auschwitz-und-wir.de) und ergänzt: „Der Fokus sollte nicht nur auf Gymnasien liegen.“
Ein Teilnehmer äußerte, dass das Neutralitätsgebot an Schulen häufig falsch ausgelegt werde. „Unsere Gedenkkultur ist vorbildlich, doch darf sie nicht einreißen – sei es durch Lehrermangel, aufgrund von Widerstand der Eltern, wegen Sicherheitsbedenken seit dem 7. Oktober oder aufgrund von Weltanschauungen.“
„Immer wieder sind Initiativen und Programme wie ‚Demokratie leben!‘ oder der Ansatz ‚Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage!‘ nötig, um neue Generationen und Andersgläubige zu erreichen,“ meint Anja Nina Kramer, Fraktionsvorsitzende der FDP Bad Vilbel.